Augusteum Lutherstadt Wittenberg

Umbau und Sanierung

Vor dem Hintergrund der Lutherdekade, des Reformationsjubiläums 2017 und der Feierlichkeiten zum 500-jährigen Geburtstag von Lucas Cranach in 2015 wird die Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt durch die Herrichtung des Augusteums in die Lage versetzt, in Ergänzung zu der Dauerausstellung im Lutherhaus entsprechende Sonderausstellungen auszurichten und dem gewachsenen Anspruch an die Museumspädagogik gerecht zu werden.

Bauhistorie

Ursprünglich wurde das Gebäudeensemble als Klostergebäude für Augustinermönche errichtet. Fertiggestellt wurde nur der Südflügel , das heutige Lutherhaus. Ab 1532 wird das Kloster durch Kurfürst Johann der Beständige Martin Luther als Wohnhaus zum Eigentum überlassen. Der ab 1581 durch den Baumeister Hans Irmisch für die Universität Wittenberg errichtete Erweiterungsbau auf den Grundmauern der dort ursprünglich geplanten Klosterkirche wurde um 1586 fertiggestellt. Bereits ab 1587 wurden statische Ertüchtigungen im Bibliotheks- und Fürstensaal erforderlich. Um 1598 wird die Universitätsbibliothek vom Schloss in das Augusteum verlegt. Um 1785 bis 1802 erfolgten größere Umbaumaßnahmen. Es erfolgte u.a. die Aufstockung des Nordflügels im 1. Geschoss. Ab 1817 erfolgt die Vereinigung der Universitäten Halle und Wittenberg und damit verbunden der Umzug nach Halle. Die freigewordenen Universitätsräume wurden fortan durch das evangelische Predigerseminar genutzt. Um 1844 wird Friedrich August Stüler in die Entwurfsplanung mit einbezogen. In dieser Phase entsteht durch Stüler der Entwurf der Verbindungshalle zwischen Seitenflügel und Lutherhaus, der erst nach seinem Tod ab 1884 realisiert wurde. Um 1900 erfolgten weitere größere Umbauten. Beispielsweise die historische Schaufassade am Ostgiebel, die Stabilisierung des Dachtragwerks oder die Beseitigung von Holzsäulen und Holzbalkendecken im Fürstensaal und der Bibliothek und Einbau neuer Stahlträgerdecken unter Berücksichtigung des neuen Stützenrasters. Um 1930 erfolgen erneut größere Baumaßnahmen. In der Südostecke des Vorderhauses erfolgt ein Treppenhausausbau. Der Fürstensaal erfährt eine kleinteilige Zergliederung für Wirtschaftsräume. 1936 erfolgte der Ausbau des Gewölbekellers unter dem Seitenflügel zu einem Luftschutzkeller.

Architektur Eingangsbauwerk

Ausgehend von dem Grundgedanken, die Eingriffe im Bestand so gering wie möglich zu halten und die erforderlichen Funktionen wie Shop, Garderobe, Kasse und Toiletten an einem zentralen Ort zu bündeln, ist ein neues Erschließungsbauwerk an der östlichen Hofmauer als Eingangsgebäude zwischen dem Lutherhaus und dem Augusteum realisiert. Durch diese neue Eingangssituation erfolgt eine direkte Anbindung der großen Ausstellungsräume im Augusteum. Die Erschließung der Sonderausstellungsräume und damit verbunden die barrierefreie Erschließung des gesamten Augusteums erfolgt über den umgebauten Treppenhausanbau von 1930. Durch den transparenten Vorbau bildet die Hofmauer als Teil der ehemaligen Stadtbefestigungsanlage weiterhin den Abschluss des Innenhofes. Im Bereich des neuen Einganggebäudes befand sich ursprünglich die nie gebaute Postition des östlichen Flügels der ehemaligen Klosteranlage, die bei der Befundkartierung im Jahre 2002 festgestellt wurde. Damit vollendet das Bauwerk die ursprüngliche 4-seitige Schließung des Hofes. Ausgehend von diesen Grundlagen haben wir eine Fassade aus schmalen, sandsteinfarbenen durchgefärbten Fertigteilstützen in Anlehnung an das Thema einer Pergola entwickelt, so dass insgesamt eine ruhige, transparente Optik entsteht. Die Mauerkrone der historischen Hofmauer ist mit einem Ziegelstein im Sonderformat in Teilen aufgemauert worden, damit eine einheitliche Höhe, ausgehend von der bestehenden Toreinfahrt, aufgenommen werden kann. Für eine natürliche Durchlüftung werden im Sockelbereich Schächte angeordnet, die durch zentral gesteuerte Klappen für eine Nachtauskühlung sorgen. Die Abluftklappen befinden sich in der oberen, neu aufgemauerten Mauerkrone.

Denkmalgerechter Umgang mit der Bausubstanz

Das Grundprinzip des Entwurfsansatzes ist ein minimal invasiver Eingriff im Bestand. Dies wird durch die Anordnung des neuen Eingangsbauwerkes gewährleistet. In den Ausstellungsbereichen ist aus konservatorischen Gründen im Innenbereich eine 2. Fensterebene vorgesehen. Im Kastenzwischenraum ist der Sonnen- und Blendschutz angeordnet. Die vorhandenen Bodenaufbauten von teilweise bis zu vier Dielenlagen werden aus statischen Gründen bis auf die Lage der Originaldielung zurückgebaut. Die Ausstellungsräume erhalten aus klimatischen und konservatorischen Gründen eine Fußbodenheizung. Die für hochwertige Exponate erforderliche Raumkonditionierung wurde auf die beiden großen Ausstellungsräume der Bibliothek im EG und dem Fürstensaal im 1. OG beschränkt. Über die Klimazentrale im Dachgeschoss erfolgt die Zu-und Abluftführung im Bereich des Treppenhausanbaus aus den 30iger Jahren des letzten Jahrhunderts. Die vorhandene und nicht denkmalgerechte Betondachsteindeckung ist durch eine auf Grundlage von Originalbefunden neue Biberschwanzdeckung denkmalgerecht ersetzt worden. Die geforderte Ansaugklappen für die Aussenluftansaugung sind in der Materialität und Farbigkeit der neuen Dacheindeckung integriert worden. Der in seiner Materialität und Oberflächengestaltung nicht denkmalgerechte Aussenputz wurde entfernt und durch einen neuen Putz ersetzt. Die Natursteingewände aus Cottaer bzw. Postaer Sandstein der Fenster und die Schmuckelemente des Schaugiebels und der Portalelemente wurden gereinigt und behutsam ausgebessert. Die nun auf der Nord- und Giebelseite sichtbare neue Farbigkeit der Aussenfassade erfolgte nach restauratorischen Vorgaben und vor dem Hintergrund des Gesamtensembles mit dem Lutherhaus.

Tragwerk

Das Gebäude wurde im Laufe seiner langen Bestandsgeschichte mehrfach umgebaut. Die Geschossdecken bestehen im Wesentlichen aus Holzbalkendecken. Eine Ausnahme bildet der östliche Bereich des Nordflügels in dem die Bibliothek untergebracht ist. Hier wurde während der Umbaumaßnahmen im Jahre 1905 eine Stahlträgerdecke eingebaut. Bei den Innenwänden handelt es sich um eine Art Fachwerkwand mit Riegeln und Pfosten aus Holz. Die Wände stehen in zahlreichen Fällen geschossweise nicht übereinander und haben zu den immensen Durchbiegungen der Deckenbalken geführt die nun eine aufwendige statische Ertüchtigung mit dem größtmöglichen Erhalt der Originalsubstanz erforderlich macht.