Museum Blindenwerkstatt Otto Weidt

Sanierung und Erweiterung der Dauerausstellung

»Das Museum erzählt die Geschichte der Blindenwerkstatt Otto Weidt. Hier beschäftigte der Kleinfabrikant Otto Weidt während des Zweiten Weltkriegs hauptsächlich blinde und gehörlose Juden. Sie stellten Besen und Bürsten her. Verschiedene Lebensgeschichten berichten von Otto Weidts Bemühungen, seine jüdischen Arbeiterinnen und Arbeiter vor Verfolgung und Deportation zu schützen. Als die Bedrohung immer größer wurde, suchte er für einige von ihnen Verstecke. Eines davon befand sich in den Räumen des heutigen Museums.«

Ausgangssituation war die räumliche und inhaltliche Erweiterung der bereits bestehenden Dauerausstellung und die einhergehende Sanierung. Die hinzu gewonnenen Räume boten die Möglichkeit, eine langsam ansteigende Sensibilisierung dramaturgisch aufzubauen. Der Besucher bewegt sich von einem neutralen, modernen, eher abstrakten Ausstellungsbereich bis hin zu einem authentisch wirkenden und emotionalisierenden Bereich, der mit dem Versteck endet.

Die Entwicklung der Blindenschrift entstand im Zuge der Ausstellungsgestaltung. Es lag nahe, mit der sogenannten »Brailleschrift« die ehemalige, vorwiegend blinde Belegschaft zu repräsentieren. Ziel der entwickelten Blindenschrift ist die gleichwertige, selbstverständliche und beiläufige Vermittlung der Inhalte der Ausstellung für Blinde wie für Sehende, in der zwei Schriften unmittelbar verknüpft werden. Gewünscht ist die Verschmelzung der zu erzählenden Inhalte auf eine Ebene, was durch die Entwicklung einer transparenten Brailleschrift in Glas erreicht wird. Darüber hinaus ist diese Form der Brailleschrift auch für Sehende eine sinnliche Erfahrung. Erzielt wird der Effekt durch hoch transparentes Weißglas mit unterlegter Grafik in Schwarzschrift. Die Brailleschrift wird aus obenauf eingelassenen Glaskügelchen gefertigt, die einzeln eingeklebt werden.

Die Braille-Schrift nimmt der aufmerksame Besucher schon im Aufgang zur Ausstellung wahr. Im Handlauf der Treppe sind Schriftbänder aufgesetzt, die den blinden und sehbehinderten Besucher begrüßen und ihn auf die Ausstellung vorbereiten. Im Eingangsbereich erhält der Besucher einen Audioguide, der von der Wegeführung durch die Ausstellung bis zur Beschreibung der Exponate an den Wänden all das erläutert, was der Sehende wahrnimmt.

Das Ausstellungskonzept folgt einer strengen, thematisch spannungssteigernden Dramaturgie. Nachdem der Gast den Eingangsbereich passiert hat, erhält er im ersten Raum umfangreiche Informationen zum jüdischen Leben der Zeit und kann als Sehender oder Sehbehinderter anhand eines Ausstellungsmodells die Wegeführung und Anordnung der Präsentation im direkten Vergleich mit der historischen Belegung der Räume studieren oder ertasten. Nebst dem Tastmodell dient die strenge und regelmäßige Anordnung der Ausstellungselemente einer bestmöglichen Orientierung.

Raum zwei inszeniert die Bürstenwerkstatt und bietet Bilder und Fakten an. Raum drei ist den Helferpersonen gewidmet. Raum vier ist leer und schärft damit das Bewusstsein für die in Raum fünf dargestellten geglückten Rettungen sowie die in Raum sechs erläuterten Schicksale der gescheiterten Rettungsversuche. Diese Räume belegen den vorgefundenen Zustand und erzeugen mit den lediglich gelaugten Böden und konservierten Wänden in blau-beige-Tönen eine intensive Stimmung.

Der letzte und siebte Raum stellt den emotionalen Höhepunkt der Ausstellung dar. In diesem fensterlosen und für Besucher nicht betretbaren Zimmer versteckte Otto Weidt über Monate eine vierköpfige Familie. Die Menschen gelangten damals durch die Rückwand eines Schrankes, der die Türöffnung verbarg, in den Raum. Die Ausstellung zeigt eine mögliche Interpretation des Schrankes. Der heutige Besucher erreicht den Zugang zu Raum sieben über die ausgesparten Seitenteile des Schrankes und kann so intuitiv die historische Situation nachempfinden. Der Ausstellungsraum selbst ist leer. Ein Lichtkegel lenkt den Blick auf den Boden und macht die Leere spürbar und quasi greifbar.

Seit Dezember 2006 finden Besucher den Weg zum „Museum Blindenwerkstatt Otto Weidt“, das im Auftrag der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in unmittelbarer Nähe der Hackeschen Höfe entstand und das 2007 mit dem Signet „Berlin barrierefrei“ ausgezeichnet wurde.