Haus Dietrich Bonhoeffer

Neubau einer Tagesförderstätte für Menschen mit Behinderung

Die neue Tagesförderstätte „Haus Dietrich Bonhoeffer“ wurde im Rahmen einer Mehrfachbeauftragung zur Realisierung ausgewählt. Mit der Eröffnung dieser Tagesförderstätte des Hauses der Diakonie im Juni 2012 wurde eine zentrale Einheit geschaffen, die Raum für 35 Menschen mit einem hohen Betreuungsanspruch bietet.
Das Haus der Diakonie ist Bestandteil des „Öflinger Modells“, bei dem Kunst und Kirche miteinander verbunden werden und das durch Pfarrer Paul Gräb ins Leben gerufen wurde. Das Haus der Diakonie ist aus der Idee entstanden, künstlerische und kulturelle Werte als nicht wegzudenkende Wesensmerkmale des Mensch-Seins im Leben zu verankern, ein kreatives und offenes Forum zu sein für Austausch, Auseinandersetzung und Verständigung zwischen Menschen, die nach dem Zusammenhang zwischen autonomer Existenz und Lebenswirklichkeit und letztlich nach einem individuellen, ganz persönlichen Sinn fragen.

Die Einbindung ins Umfeld

Öflingen ist geprägt durch eine dörfliche Bebauung und Bauten der Textilindustrie, auf deren Sheddachhallen formal Bezug genommen wird.

Der Baugrund liegt in Ortsrandlage auf einem abfallenden Hanggrundstück und grenzt im Westen an ein Biotop, auf dem große Bäume stehen und in das baulich nicht eingegriffen werden durfte. Barrierefreiheit erfordert möglichst viel ebenes Terrain. Um dieses zu gewinnen, wurde zum steil abfallenden Biotop hin eine Gabionenstützwand gebaut und das Gebäude ca. 1,30 m unter Gehwegniveau einjustiert, um ein ausgewogenes Maß aller Abhängigkeiten und Parameter zu erzielen.

Das leicht abgesenkte Haus stärkt seine straßenseitige Präsenz durch die Kontinuität des grauen Ziegelbelags von Wand und Dach. Dieser Belag legt sich wie ein schützender Teppich über die straßenseitige Wand und das Dachfaltwerk und endet als ausladender Dachüberstand auf der Gartenseite. Die straßenseitigen Räume haben höhenversetzt angeordnete Fenster, die einen ungehinderten Ausblick ermöglichen und Einblicke vom Gehweg verhindern. Dieses Motiv setzt sich im Dachfaltwerk mit zahlreichen Dachfenstern fort.

Der Grundriss

Das Grundrisslayout besteht aus vier Raumschichten, die sich parallel zur Straße aneinanderfügen: beginnend mit den Funktionsräumen an der Wehratalstraße, einer zentralen Halle, einer Schicht aus WCs, Nebenräumen und Eingangsvorbereich vor den Gruppenräumen und endend mit diesen als Aufenthaltsschwerpunkte mit Orientierung zum Garten. Dieses schlichte Ordnungsprinzip ermöglicht eine ebenso einfache Orientierung im Gebäude, was für die Nutzer große Bedeutung hat.

Die im Raumprogramm ausgewiesenen Flächen für Flure und Foyer wurden in der zentralen multifunktionalen Halle symbiotisch zusammengefasst.

Die Gruppen

Die Gruppenräume sind als zonierte Großräume konzipiert mit jeweils eigener Küche und Ruheraum. Durch die Farbgebung der Böden und Polstermöbel erhält jeder Gruppenraum seinen eigenen, unverwechselbaren Charakter. Jedem Gruppenraum ist ein eigenes, barrierefreies Duschbad zugeordnet.

Die Ruheräume

Die Ruheräume wurden wie ein großes Holzmöbel, das in den Gruppenraum hineingestellt ist, behandelt. Wie die übrigen Holzmöbel sind sie in Ahorn ausgeführt. Durch große Schiebetüren und innenliegende Schiebeläden lassen sich unterschiedliche Grade von Teilhabe bzw. Abgeschiedenheit einstellen. Die Fenster in unterschiedlichen Höhen ermöglichen den Ausblick auf den bespielbaren Außenbereich oder in die Ruhe der Baumwipfel.

Die Halle

Als Ort der Begegnung bietet diese Halle vielfältige Möglichkeiten für Aktionen und Veranstaltungen (Ausstellung, Vortrag, Basar, etc.).
Die tief in das Dach der Halle eingeschnittenen Oberlichter versorgen die Halle üppig mit Tageslicht und blenden die Lichtquelle perspektivisch aus. Das gleiche Prinzip wurde für die künstliche Beleuchtung der Halle angewendet, indem jeweils zwischen den Oberlichtern „Lichtboxen“ in die Decke eingelassen wurden. Damit kann der Übergang von natürlicher zur künstlichen Belichtung in der Halle fast unmerklich vollzogen werden.

Die Holzskulptur „Hölzerne Psyche“ der Künstlerin Ingrid Hartlieb bildet den Auftakt einer Bestückung der Halle mit weiteren Kunstwerken.

Der Snoezelenraum
SNOEZELEN ist die Kombination der holländischen Wörter „snuffelen“ und „doezelen“ (schnüffeln und dösen) und steht für ein Konzept, durch Sinneseindrücke angenehme Gefühle und Entspannung hervorzurufen.

Der Snoezelenraum ist mit einem beheizten Wasserklangbett und verschiedenen Sitz- und Ruhemöglichkeiten ausgestattet. Stoffbahnen bilden einen weichen „Himmel“.
Mit ätherischen Ölen, einer Musikanlage und einer Lichtanlage lassen sich Klänge, Farben und Düfte steuern und kombinieren und synästhetische Erfahrungen vermitteln.

Die Lichtführung

Es wurde eine differenzierte Lichtführung zur Unterstützung der jeweiligen Situationen und Stimmungen entwickelt. Die Gruppenräume als „Welt“ werden von einem frei gestreuten Sternenhimmel überspannt. Das linear Verbindende der Halle wird durch den strengen Rhythmus der „Lichtboxen“ im Wechsel von Kunst- und Tageslicht thematisiert.

„Lichtfugen“ erzeugen einen diffusen Übergang von Wand zu Decke und wurden an eher niedrigen Stellen, wie den Eingängen der Gruppen, den Deckenrändern der Ruheräume oder der Sanitärzellen eingesetzt. Die innenliegenden WCs überraschen mit üppigem Tageslicht von oben.
Eine helle und blendfreie Beleuchtung und Belichtung durchzieht das gesamte Gebäude.

Zugänglichkeit, Orientierung, Multifunktionalität
Alle Gebäudeteile und der gesamte Außenraum sind schwellenlos und barrierefrei zugänglich und nutzbar.

Die Halle ist vielfältig, auch für externe Veranstaltungen nutzbar und kann durch den Gymnastikraum erweitert werden. Die Küche ist über eine Durchreiche zuschaltbar.
Die Holztüren bilden einen deutlichen Kontrast zu den Wänden und Böden. Das schlichte Ordnungsprinzip des Grundrisslayouts ermöglicht eine einfache Orientierung im Gebäude.

Der Außenraum

Den Gruppen ist eine großzügige Terrasse vorgelagert. Der tiefe Dachüberstand bietet Sonnen- und Regenschutz. Die Außenanlagen werden im Lauf des Sommers hergestellt und mit Grillplatz, Wassermatschbereich, Vogelnest-schaukel, Sonnensegel, Röhrendendrophon und einem Hochbeet mit Duftstauden ausgestattet. Alle Bereiche werden barrierefrei zugänglich und nutzbar ausgeführt.

Der Hinterausgang der zentrale Halle führt zu wettergeschützten Gemeinschaftsbereichen im Außenraum: einem eher intimeren Sitzplatz mit Holzbank und einer „Gartenlaube“ die sich zum Grillplatz öffnet.